Schorsch
2006-12-16 11:37:09 UTC
<quote> »Von Rechten lasse ich mir nichts diktieren«
Bundessprecher der VVN-BdA kritisiert Aufstellung des Gedenksteins für
»Opfer des Stalinismus« in Berlin-Friedrichsfelde. Gespräch mit
Heinrich Fink
Foto: AP
Heinrich Fink ist Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA). Fink ist
Theologieprofessor und war Rektor der Humboldt-Universität in Berlin
Noch immer sorgt der am Montag auf dem Zentralfriedhof in
Berlin-Friedrichsfelde errichtete Gedenkstein mit der Inschrift »Den
Opfern des Stalinismus« für Wirbel. Viele der selbsternannten
DDR-Opfer monieren, daß sich dieser in unmittelbarer Nähe zu den
Ehrenmalen von kommunistischen Größen befinde. Der Gedenkstein wurde
zwar auf Vorschlag der Linkspartei.PDS errichtet - an deren Basis und
in antifaschistischen Initiativen mehren sich jedoch die kritischen
Stimmen. Was halten Sie denn von diesem Mahnmal?
Ich lehne es ab. Es ist mir unbegreiflich, warum sich ausgerechnet die
Linkspartei.PDS für diesen Stein stark gemacht hat. Natürlich ist es
richtig, daß unter Stalin Menschen verfolgt und ermordet worden sind.
Aber die Aufarbeitung der damaligen Ereignisse ist Sache der
Kommunisten und anderer fortschrittlichen Kräfte, die im übrigen auch
am meisten von der Verfolgung in der Stalin-Ära betroffen waren.
Hinweise von politisch rechts stehenden Verbänden brauchen wir als
politische Linke sicherlich nicht. Warum ausgerechnet meine Partei sich
bemüßigt sah, sich im vorauseilenden Gehorsam für einen solchen
Gedenkstein stark zu machen, ist mir schleierhaft.
Bei der Einweihung haben jedoch nur ein paar »Aufrechte« protestiert
...
Das mag sein. Jedoch weiß ich auch von mehreren Protestbriefen an die
für diesen Gedenkstein zuständige Lichtenberger Linkspartei.PDS. Ich
glaube außerdem auch nicht, daß es an der Basis eine Mehrheit für
diese Aktion gibt. Demgegenüber wären sicherlich viele Genossinnen
und Genossen dafür gewesen, einen Gedenkstein für die Opfer
rassistischer Gewalt in Berlin aufzustellen. Wenn ich mir ansehe, daß
die Neonazis aus NPD und militanten »Kameradschaften« immer
aggressiver und dreister agieren, wäre dies zumindest ein positiver,
wenn auch nur symbolischer Akt gewesen. Alternativ dazu hätte man auch
einen Gedenkstein für die im deutschen Faschismus und in seinem
Rechtsnachfolgerstaat verfolgten Kommunisten errichten können.
Wie erwähnt, haben auch die sogenannten Opfer der DDR ihre Probleme
mit der Plazierung des Steins. Ist es aber nicht vielmehr für die
politische Linke unerträglich, daß sich dieser Gedenkstein in der
Nähe von Gräbern von Humanisten und Kommunisten wie beispielsweise
dem von Markus Wolf befindet?
Sicherlich ist das unerträglich. Sogar mehr als das. Es ist eine
Verunglimpfung des Wirkens hochrangiger Vertreter der kommunistischen
Bewegung. Man darf ja auch nicht vergessen, welch dubioser
Personenkreis sich heutzutage unter dem Oberbegriff »Opfer des
Stalinismus« versammelt. Außerdem wird »Stalinismus« von den
Rechten als politischer Kampfbegriff verwendet. Und von denen lasse ich
mir seit jeher nichts diktieren.
Am zweiten Januarwochenende werden wieder Tausende an die Ermordung von
Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht und die anderen Opfer des
faschistischen Terrors erinnern und für eine sozialistische
Alternative zum herrschenden kapitalistischen Ausbeutersystem auf die
Straße gehen. Wird es im Zuge der Demonstration oder anderer
Veranstaltungen zu Protesten gegen den Gedenkstein kommen?
Ich gehe davon aus, daß es auf diese Provokation reagieren wird. Sei
es nun auf Transparenten und Flugblättern oder durch andere
Protestformen. Mit Sicherheit wird dieser Gedenkstein auch auf der
Rosa-Luxemburg-Konferenz der jungen Welt oder dem Antifajugendtreffen
der VVN-BdA angesprochen werden, die am Samstag vor der traditionellen
Luxemburg-Liebknecht-Demo stattfinden.
Werden Sie an der LL-Demo und den diversen Veranstaltungen teilnehmen?
Ja, natürlich. Neben Dutzenden von Genossinnen und Genossen habe auch
ich zur Teilnahme an der Demo aufgerufen. Gerade in Zeiten wie diesen
ist es dringend notwendig, seinen Protest auch sichtbar auf die Straße
zu tragen und sich offensiv für soziale Gerechtigkeit, Frieden,
Antifaschismus und gegen den grassierenden Antikommunismus zu
engagieren.
http://www.jungewelt.de/2006/12-16/054.php
Interview: Markus Bernhardt</quote>
Bundessprecher der VVN-BdA kritisiert Aufstellung des Gedenksteins für
»Opfer des Stalinismus« in Berlin-Friedrichsfelde. Gespräch mit
Heinrich Fink
Foto: AP
Heinrich Fink ist Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA). Fink ist
Theologieprofessor und war Rektor der Humboldt-Universität in Berlin
Noch immer sorgt der am Montag auf dem Zentralfriedhof in
Berlin-Friedrichsfelde errichtete Gedenkstein mit der Inschrift »Den
Opfern des Stalinismus« für Wirbel. Viele der selbsternannten
DDR-Opfer monieren, daß sich dieser in unmittelbarer Nähe zu den
Ehrenmalen von kommunistischen Größen befinde. Der Gedenkstein wurde
zwar auf Vorschlag der Linkspartei.PDS errichtet - an deren Basis und
in antifaschistischen Initiativen mehren sich jedoch die kritischen
Stimmen. Was halten Sie denn von diesem Mahnmal?
Ich lehne es ab. Es ist mir unbegreiflich, warum sich ausgerechnet die
Linkspartei.PDS für diesen Stein stark gemacht hat. Natürlich ist es
richtig, daß unter Stalin Menschen verfolgt und ermordet worden sind.
Aber die Aufarbeitung der damaligen Ereignisse ist Sache der
Kommunisten und anderer fortschrittlichen Kräfte, die im übrigen auch
am meisten von der Verfolgung in der Stalin-Ära betroffen waren.
Hinweise von politisch rechts stehenden Verbänden brauchen wir als
politische Linke sicherlich nicht. Warum ausgerechnet meine Partei sich
bemüßigt sah, sich im vorauseilenden Gehorsam für einen solchen
Gedenkstein stark zu machen, ist mir schleierhaft.
Bei der Einweihung haben jedoch nur ein paar »Aufrechte« protestiert
...
Das mag sein. Jedoch weiß ich auch von mehreren Protestbriefen an die
für diesen Gedenkstein zuständige Lichtenberger Linkspartei.PDS. Ich
glaube außerdem auch nicht, daß es an der Basis eine Mehrheit für
diese Aktion gibt. Demgegenüber wären sicherlich viele Genossinnen
und Genossen dafür gewesen, einen Gedenkstein für die Opfer
rassistischer Gewalt in Berlin aufzustellen. Wenn ich mir ansehe, daß
die Neonazis aus NPD und militanten »Kameradschaften« immer
aggressiver und dreister agieren, wäre dies zumindest ein positiver,
wenn auch nur symbolischer Akt gewesen. Alternativ dazu hätte man auch
einen Gedenkstein für die im deutschen Faschismus und in seinem
Rechtsnachfolgerstaat verfolgten Kommunisten errichten können.
Wie erwähnt, haben auch die sogenannten Opfer der DDR ihre Probleme
mit der Plazierung des Steins. Ist es aber nicht vielmehr für die
politische Linke unerträglich, daß sich dieser Gedenkstein in der
Nähe von Gräbern von Humanisten und Kommunisten wie beispielsweise
dem von Markus Wolf befindet?
Sicherlich ist das unerträglich. Sogar mehr als das. Es ist eine
Verunglimpfung des Wirkens hochrangiger Vertreter der kommunistischen
Bewegung. Man darf ja auch nicht vergessen, welch dubioser
Personenkreis sich heutzutage unter dem Oberbegriff »Opfer des
Stalinismus« versammelt. Außerdem wird »Stalinismus« von den
Rechten als politischer Kampfbegriff verwendet. Und von denen lasse ich
mir seit jeher nichts diktieren.
Am zweiten Januarwochenende werden wieder Tausende an die Ermordung von
Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht und die anderen Opfer des
faschistischen Terrors erinnern und für eine sozialistische
Alternative zum herrschenden kapitalistischen Ausbeutersystem auf die
Straße gehen. Wird es im Zuge der Demonstration oder anderer
Veranstaltungen zu Protesten gegen den Gedenkstein kommen?
Ich gehe davon aus, daß es auf diese Provokation reagieren wird. Sei
es nun auf Transparenten und Flugblättern oder durch andere
Protestformen. Mit Sicherheit wird dieser Gedenkstein auch auf der
Rosa-Luxemburg-Konferenz der jungen Welt oder dem Antifajugendtreffen
der VVN-BdA angesprochen werden, die am Samstag vor der traditionellen
Luxemburg-Liebknecht-Demo stattfinden.
Werden Sie an der LL-Demo und den diversen Veranstaltungen teilnehmen?
Ja, natürlich. Neben Dutzenden von Genossinnen und Genossen habe auch
ich zur Teilnahme an der Demo aufgerufen. Gerade in Zeiten wie diesen
ist es dringend notwendig, seinen Protest auch sichtbar auf die Straße
zu tragen und sich offensiv für soziale Gerechtigkeit, Frieden,
Antifaschismus und gegen den grassierenden Antikommunismus zu
engagieren.
http://www.jungewelt.de/2006/12-16/054.php
Interview: Markus Bernhardt</quote>